Neue Wildblumen im Garten sind so eine Sache. Früher sagte man Unkraut dazu. Das gilt nicht mehr, seit wir wissen, dass jede Pflanze, jedes Tier im Netz der Natur eine wichtige Rolle spielt. Seite einigen Jahren haben sich zwei Korbblütler in meinen Garten gemogelt. Einer davon, auf dem Foto oben zu sehen, gehört zu den 76 angeblich schlimmsten Unkräutern der Welt: die Gemüse-Gänsedistel (Sonchus oleraceus). Als ich sie zum ersten Mal sah, dachte ich: Ach wie hübsch. Die lass ich stehen. Aber dann fing sie Samen zu bilden.
In jedem der Blütenkörbchen reifen nach der Befruchtung hunderte zartweiße Fallschirme heran. Pro Pflanze können es bis zu 200 000 sein, die der Wind davon trägt. Die Gemüse-Gänsedistel wächst gern dort, wo sie kahlen Boden findet, und bildet schnell eine dünne lange Pfahlwurzel, sodass sie auch mit Trockenheit gut klar kommt. Die Pflanzen lassen sich allerdings leicht rauszupfen, wenn sie überhand nehmen. Der Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis) hingegen macht sich rar. Im Garten hat er sich die Grenze zum Nachbargrundstück auserkoren.
Nur dort will er wachsen, obwohl ich seine Samen im ganzen Garten verteile. Er ist ohnehin speziell. Wer nur nachmittags in den Garten geht, wird ihn leicht übersehen, denn er schließt seie Blüten um die Mittagszeit. Dann erkennt man ihn nur noch an seinen langen spitzen Samenständen. Das ist seine Art, als „Unkraut“ zu überleben.