Während ich mit klammen Fingern durch den Garten eile, um den Raureif einzufangen bevor die Morgensonne die Schönheit zunichte macht, fällt mir Karl Foerster ein. Im Gegensatz zu mir liebte er den Winter. „Der Raureif benimmt dem Winter alle Erdenschwere“ schrieb er einst in seinem wunderbar altmodischen Deutsch.

Foerster war nicht nur Pflanzenzüchter sondern auch Gartenpoet: „Rauhreif ist die Mozartmusik des Winters, gespielt bei atemloser Stille der Natur.“ Manchmal reicht es, die Perspektive zu verändern, und schon sieht die Welt ganz anders aus: meine Kletterrose Santana von Tantau im frostigen Morgenkleid.

Selbst gegen Schottergärten hatte Foerster Argumente, obwohl es die damals noch gar nicht gab: „In langweiligen Gärten haben Schnee und Rauhreif nichts Rechtes zu suchen – in die leere Luft können sie ihre Zaubergespinste nicht hängen.“ Die Früchte der Zwergmispel (Cotoneaster) sehen aus wie mit Zucker kandiert.

„Stauden sind Blumen, die im Winter aus scheußlichem Gestrüpp bestehen oder gar nicht vorhanden sind, falls man nicht in der Erde nachwühlt,“ schrieb einst mein Gartenpoet. Auch hier kommt es auf die Perspektive an. Mit Raureif verziert haben selbst verblühte Raublatt-Astern ihren Reiz.

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Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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