Die Uhr ging auf Mitternacht, der Raum war mit einer Kerze spärlich erhellt, da fiel von der Decke ein schwarzes, zappelndes Wesen, das von magischer Hand gehalten auf Augenhöhe schweben blieb. Ingesamt 1,5 Zentimeter groß, bestand es aus Opfer und Täter. Eine Hauswinkelspinne (Tegenaria domestica) hatte einen dicken Brummer (vermutlich eine Fleischfliege) angefallen, der an der Decke geschlafen hatte.

Die Achillesferse Insektes liegt an der schmalen Stelle zwischen Rumpf und Hinterleib. Dort befinden sich Nervensystem und Röhrenherz. Hier biss die Spinne sich fest und ließ nicht locker, obwohl der Brummer wie wild mit den Flügeln schlug, um die Angreiferin abzuschütteln. Sein Todeskampf dauerte 20 Minuten. Das Foto entstand, nachdem wir „Opfer und Täterin“ mit einem Glas gefangen hatten. Ihre Mahlzeit verzehren musste sie vor der Haustür, damit sie bei ihrem nächsten Jagdglück nicht im Weinglas landet.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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