Ein Feldrain bei Creglingen. Das ist die Stadt mit dem legendären Brüggemann-Altar. Ich bin unterwegs mit Otto Ehrmann. Er hat ein Büro für Bodenmikromorphologie und Bodenbiologie. Eigentlich will er mit mir Regenwürmer fangen, aber dann sehen wir aus dem Autofenster an einem steilen Hang eine Sommerwiese mit blühenden Skabiosen und Wiesenstorchschnabel (Geranium pratense), eine heimische Geranienart, und halten an.
Als die Wiesen bunt waren
„Früher waren die Wiesen hier im Sommer alle blau mit Wiesenstorchschnabel“, erzählt Otto Ehrmann. Aber das sei vorbei. Solche Wiesen gibt es nicht mehr. Der Grund: zu viel Dünger. Zwar mag es auch der Storchschnabel gerne ein wenig nährstoffreicher, aber Gülleduschen, wie sie heute auf landwirtschaftlichen Flächen üblich sind, verträgt er nicht. Er wird dann, wie viele andere Wiesenblumen auch, von rasch wachsenden Gräsern verdrängt. Dazu muss die Wiese noch nicht einmal umgebrochen und neu eingesät werden. Einen steilen Hang wie diesen kann ein Güllewage nicht befahren. So überlebte der Wiesenstorchschnabel ebenso wie die Skabiose.
Immer zum Licht
Die Pflanze kann sich übrigens zum größten Lichteinfall hin ausrichten. Man nennt das „Photonastie“. Sie stützt sich dazu auf anderen Pflanzen ab. Unsere eigenen Bienen – auf dem Foto befindet sich oben rechts gerade eine im Anflug –, Wildbienen und Schwebfliegen lieben seine Blüten. In meinem Garten wächst der Wiesen-Storchschnabel seit Jahrzehnten, da ich den Garten von meiner Großmutter übernommen habe und ihre Pflanzen seitdem hüte. So lebt wenigstens an diesem Ort ein Stück Wiese aus früheren Jahrzehnten weiter.