Luises Morgengymnastik findet auf dem Balkongitter statt. Sie kann auf einem Bein stehend einen Fuß von sich strecken, ohne dass sie Übergewicht bekommt und herunterfällt. Den Abflug bereitet sie lange vor. Äugt links, äugt rechts, Kopf nach vorn, Kopf zurück, bis sie die Distanz zur Landebahn ausgerechnet hat. Dann wagt sie mit wildem Flattern, Beine und Hals panisch vorgestreckt, den Absprung. Man mag es kaum glauben, aber diese Enten sollen recht gute Flieger sein, die sich dank ihrer langen Krallen an Ästen festkrallen und auf Bäumen landen können.
Kampf ums Wintergartendach
Neuerdings hat Luise sich einen neuen Schlafplatz auserkoren: das Dach meines Wintergartens. Das Ergebnis: Jeden Tag eine halbe Stunde Arbeit. Leiter holten. Schlauch anschließen. Schrubber holen. Dach abspritzen. Luise scheißt, wo sie sitzt und steht. Aber wenn sie auf das Dach startet, ist es filmreif. Sie flattert auf meine Gartenliege, äugt mehrfach links und rechts, um es dann von dem etwas erhöhten Standort gerade so mit wildem Flügelschlag auf das Wintergartendach zu schaffen.
Scheuchverbot für den Liebsten
Dem Liebsten gefällt das nicht, er holt Leiter und Besen, scheucht sie vom Dach. Luise ist stur, geht zum Teich, gurgelt einige Schluck Wasser, hüpft wieder auf die Liege und startet erneut. Der Liebste, nun schon etwas erbost, schnappt den Besen, scheucht sie vom Dach. Luise, aufgeregt mit hochgestellten Kopffedern, geht trinken, startet nochmal. Geschwächt von den vorherigen Versuchen fliegt sie gegen die Scheibe, stützt sich aber mit den Füßen gerade noch rechtzeitig ab. Der Liebste erhält Scheuchverbot und Luise verbringt die Nacht auf der Terrasse ans Wintergartenfenster geschmiegt. Zum Glück ist sie nicht nachtragend. Am nächsten Tag lässt sie sich wieder streicheln und piept freundlichst.