Samenkapseln faszinieren mich schon lange. Warum verhüllen manche Pflanzen ihren Nachwuchs so und andere anders? Welche Strategie steckt dahinter und was können wir selbst tun, wenn wir Pflanzen in unseren Gärten vermehren wollen?
Mohngewächse (Papaveraceae) setzen auf den Wind.
Der weht in die Löcher unter dem Deckel der Samenkapseln und fegt die Samen hinaus. Sie sind klein und extrem leicht. Tausend Körner wiegen zwischen 0,2 und 0,6 Gramm. So kann der Wind sie davontragen, so dass man die meisten von ihnen im eigenen Garten nicht wieder findet, es sei denn, man ist schneller als der Wind und schüttet sie rechtzeitig in eine Papiertüte.
Die Samenstände von Storchschnabel-Arten (Geranium) sind lang und Spitz, wie der Schnabel eines Storchs.
Sind die Samen reif, rollen sich die Fächer mit den Früchten blitzschnell nach oben und schleudern die Samen heraus. So weit wie Mohnsamen kommen sie nicht, dafür sind sie zu dick und schwer. Als Wiesenpflanze setzt der Storchschnabel auf Sicherheit. Seine Nachkommen sollen da wachsen, wo es ihm selbst auch gut geht.
Der Echte Aland (Inula helenium) setzt ganz auf Fallschirm-Technik.
Wie der Löwenzahn (Taraxacum) auf dem Foto ganz oben versorgt der Aland seine Samen mit vielen kleinen Härchen, damit sie mit dem Wind davon fliegen können. Mal schauen wo ich im kommenden Jahr in meinem Garten neue Aland-Pflanzen entdecke.
Die Gemeine Akelei (Aquilegia vulgaris) geht besonders raffiniert vor.
Ihre Samen purzeln aus der Kapsel direkt auf den Boden. Aber das macht nichts, denn die Verbreitung übernehmen Tiere. Dazu stattet die Akelei ihre Samen mit einem fettreichen Leckerbissen aus, auf den Ameisen scharf sind. Die schleppen die Samen von weither in ihrem Bau. Ist der Leckerbissen verputzt, wird der Rest entsorgt und kann an neuer Stelle keimen. Das erklärt, warum man Akelei an den unmöglichsten Orten im Garten entdeckt.
In Schönheit sterben ist das Motto meiner blauen Waldrebe (Clematis).
Ihre Samenstände so wundersam gestaltet, dass ich mich an ihnen nicht sattsehen kann. Waldreben sind schlechte Keimer. Sie brauchen 12 bis 36 Monate, heißt es in den Fachzeitschriften. Das Geschäft überlasse ich den Züchtern, die mehr davon verstehen und erfreue mich an dem wuscheligen Etwas, das sich nach der Blüte bildet.
Die Krokusse (Crocus) spielen bei ihrer Vermehrung Versteck.
Seit Wochen sind die Krokusse verblüht, die Blätter abgetrocknet und entfernt. Dann plötzlich im Juni zeigen sich auf dem Krokus-Beet unscheinbare Auswüchse mit orangefarbenen Körnern darin – den Samen von Krokussen. Man kann sie an Ort und Stelle ausfallen lassen oder auf den Rasen streuen. Egal: Die Krokusse werden sich vermehren und neue Gestalt annehmen, je nachdem welche Sorten sich mit welchen gekreuzt haben. Ganz oft kommen dabei Wildformen wieder zum Vorschein – mit kleineren Blüten und von zartem Lila.