Ingeborg Bachmann hätte es wissen müssen: Von „Mohn, sehr viel Mohn“ ist auf einer Karte die Rede, die ihr der Dichter Paul Celan zum 23. Geburtstag schickt. Die Schriftstellerin schreibt verliebt zurück, doch war die Karte wohl eher ein Abschiedsgruß. Mohnblüten halten nur wenige Tage. Sie sind ein Symbol für Vergänglichkeit, manchmal auch für Tod. In England gedenkt man mit roten Mohnblüten der Soldaten, die im Ersten Weltkrieg gefallenen sind.
Ältestes Naturdenkmal
Über tausende von Jahren gehörten Felder mit blühendem Klatschmohn (Papaver rhoeas) zu unserem Landschaftsbild. Die Pflanze kam mit den Ackerbauern der Jungsteinzeit aus dem vorderen Orient zu uns. Das war vor 5000 bis 7000 Jahren. Sie befand sich als blinder Passagier im Saatgut. Der Regensburger Botaniker Peter Poschlod nennt den Klatschmohn deshalb „eines der ältesten Kulturdenkmäler der sesshaften Menschheit“.
Fliehkraft-Prinzip
Um sich weiträumig zu vermehren produziert der Klatschmohn pro Kapsel 2000 bis 5000 sehr kleine Samen. Die Löcher für ihren Austritt befinden sich direkt unter einem etwas überstehenden Dach. Der Wind weht darunter, hinein in die Löcher und trägt die Samen viele Meter weit hinaus. Botaniker nennen das Prinzip „Fliehkraft-Windstreuer“. In der heutigen Landwirtschaft nützt das Prinzip dem Mohn wenig. Auf mehr als 90 Prozent der Ackerflächen wächst er nicht mehr. So sind unsere Sommer um eine Farbe ärmer geworden.